29.03.2016
Krampfadern: Mit „innerem Kompressionsstrumpf“ Venen erhalten statt zerstören

Was sind Krampfadern und wie entstehen sie?
Krampfadern sind krankhafte Aussackungen im oberflächlichen Venensystem. Hervorgerufen werden sie durch eine Bindegewebsschwäche in der Venenwand. In Folge der Bindegewebsschwäche “leiert“ die Venenwand aus, der Durchmesser der Vene nimmt zu. In der dann erweiterten Vene können die Venenklappen nicht mehr schließen. Die Venenklappen bestehen aus zwei Segeln, die mittig miteinander Wandkontakt haben und so ihre Verschlussfunktion herstellen. Die Venenklappen lassen das Blut nur in Richtung Herz zu und verhindern ein Zurücksacken des Blutes in das Bein. Wenn nun in Folge der Bindegewebsschwäche eine Erweiterung der Vene aufgetreten ist, entsteht zwischen den Klappensegeln ein Spalt und das Blut kann aufgrund der Schwerkraft in das Bein zurücksacken. Es entsteht eine Blutüberfüllung im Bein. Diese erhöht wiederum den venösen Blutdruck. Dies führt im Laufe der Zeit zu weiteren Aussackungen.Wie viele Betroffene gibt es Deutschland?
Krampfadern gehören zu den häufigen Erkrankungen. Jeder fünfte Mann und jede dritte Frau leidet in Deutschland an Krampfadern.Mit welchen Symptomen kommen die Patienten zu Ihnen in die Klinik?
Das häufigste Symptom ist die Beinschwellung, darüber hinaus gibt es oberflächliche Thrombosen, Venenentzündungen, Blutungen aus Krampfadern, Ekzeme oder sogar offene Beine.Welche Behandlungsoptionen gibt es?
Die bisherigen Behandlungsoptionen beruhen im Wesentlichen auf einer Zerstörung bzw. Entfernung der krankhaft veränderten Venenabschnitte. Dies kann durch Hitze geschehen (Laser, Radiowellen), durch Chemikalien (Sklerosierung, Gewebekleber), oder mechanisch durch die sogenannte Strippingoperation. Bei all diesen Methoden geht jedoch das Venenorgan verloren. Dies kann nachteilig sein, wenn zu einem späteren Zeitpunkt einmal eine Bypass-Operation erforderlich werden sollte. Für Bypass-Operationen am Herzen oder an den Beinarterien ist Venenmaterial unverzichtbar.Neue Entwicklungen, wie die extraluminale Valvuloplastie, zielen auf eine venenerhaltende Therapie ab. Die venenerhaltende Therapie steht neuerdings im Fokus auch großer wissenschaftlicher Fachgesellschaften wie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie. Dort wurde gerade eine Arbeitsgemeinschaft Venenerhalt ins Leben gerufen. Diese Arbeitsgemeinschaft hat sich zum Ziel gesetzt, venenerhaltende Therapieverfahren weiter zu entwickeln.
Bereits seit 1994 behandeln Sie Patienten auch mit der extraluminalen Valvuloplastie. Dabei haben Sie dieses Verfahren ständig weiter entwickelt. Worin besteht das Verfahren und welche Vorteile bietet es gegenüber den bisher gängigen Therapieansätzen?
In den vergangenen Jahren hat es enorme Fortschritte gegeben in der Bildgebung. Moderne Ultraschallmaschinen ermöglichen es uns, nicht nur die erkrankte Vene, sondern auch die hauchdünnen Venenklappen darzustellen. Wir sehen die Venenklappen bei ihrer Funktion und können Funktionsstörungen differenziert beurteilen. Dieser technische Fortschritt versetzt uns in die Lage, Therapien vorzunehmen direkt am erkrankten Organteil, also im Bereich der Venenklappen. Durch die Reparatur der Venenklappen kann das gesamte Organ erhalten bleiben.Wie bereits ausgeführt, ist bei der Entstehung der Krampfadererkrankung eine Bindegewebsschwäche in der Venenwand ursächlich. In Folge der Bindegewebsschwäche „leiert“ die Venenwand aus, wird weiter. Wenn ein Venendurchmesser von 7 mm erreicht wird, verlieren die Klappensegel ihren gegenseitigen Kontakt und können nicht mehr schließen. Der normale Durchmesser, bei dem die Venenklappen schließen, beträgt ungefähr 5 mm.
Das Verfahren der extraluminalen Valvuloplastie basiert darauf, dass die erweiterte Vene wieder auf ihren physiologischen Durchmesser, d. h. 5 bis 6 mm, gebracht wird. Dies geschieht durch eine Ummantelung der Vene mit einer zarten Haut aus Polyurethan. Der elastische Kunststoff wirkt dabei wie ein Kompressionsstrumpf, der direkt um die Vene gelegt ist. Inzwischen gibt es eine Anzahl von Verlaufsstudien, die zeigen, dass auch langfristig die Erhaltung des Venenorganes mit dem Verfahren der extraluminalen Valvuloplastie gelingt. Die Rezidivraten liegen nicht höher als bei vergleichbaren ablativen Verfahren. Die Vorteile der Valvuloplastie bestehen darin, dass das Verfahren weniger invasiv ist als die ablativen Verfahren. Nervenverletzungen, wie sie bei Strippingoperationen oder bei der Anwendung von Hitzekathetern auftreten können, kommen bei der Venenklappenrekonstruktion nicht vor. Der wesentliche Vorteil ist aber die Erhaltung des Venenorganes. In anderen Bereichen der Medizin ist die organerhaltende Therapie schon weit verbreitet. Beispiele gibt es aus der Urologie (Prostataoperationen), aus der Gynäkologie (brusterhaltende Therapie) oder aus der Zahnheilkunde (zahnerhaltende Therapie).